Mit Beginn des Krieges in der Ukraine sind alte Gräben aufgebrochen: Maßnahmen, um nachhaltiger zu wirtschaften und den europäischen Green Deal umzusetzen, werden von beharrlichen Kräften als Gefahr für die Ernährungssicherheit eingestuft.
Schließen sich beide Ziele – also die Sicherung unserer Ernährung und die Schonung unserer Ressourcen – gegenseitig aus?
„Eine konsequente Umsetzung des Green Deal auch in Landwirtschaft und Ernährung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir unsere Produktionsressourcen erhalten und Ernährung sichern“, sagte die Co-Direktorin des Thinktanks Agora Agrar, Dr. Christine Chemnitz. Die Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), Stephanie Franck, verwies auf Handlungsdruck vor dem Hintergrund eines „erschütternden“ Berichts des Weltklimarats. Gleichzeitig zeige der Krieg in der Ukraine, „wie fragil die Versorgung mit Lebensmitteln weltweit ist“, so Franck weiter, weswegen die Maxime „high yield, low impact“ lauten müsse.
Für Markus Röser, Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei der BASF, sind Innovationen wie neue Züchtungstechnologien, Pflanzenschutzmittel mit besserem Umweltprofil, optimiertes Saatgut oder digitale Technologien wie Smart Spraying, aber auch „clevere“ Biodiversitätsmaßnahmen „außerhalb der Produktionsfläche“ der Schlüssel, um nachhaltig zu wirtschaften. „Die Lösung wird jedoch nicht bei Einzelmaßnahmen, sondern in der Kombination vieler Möglichkeiten liegen“, so Röser weiter.
Die Referentin für Forschungskoordination bei der Welthungerhilfe, Dr. Stefanie Griebel, warf einen Blick über den nationalen Tellerrand. Besonders Kleinbauern müssten sich an den Klimawandel unter lokalen Begebenheiten anpassen. Allerdings sollte ökologische Nachhaltigkeit nicht zu ihrem Nachteil sein und ihr Menschenrecht auf Nahrung nicht hintangestellt werden, so Griebel. Forschung und Innovation in der Pflanzenzüchtung seien „wichtige“ Grundpfeiler, besonders wenn dadurch eine effizientere Züchtung lokal angepasster Sorten möglich werde.
Franck ergänzte, dass die steigenden Anforderungen an einen nachhaltigen, klimaresilienten Pflanzenbau sich unmittelbar auf die Zuchtziele bei allen Kulturarten auswirkten. Dies gelte sowohl für den Ökolandbau wie auch für die konventionelle Landwirtschaft. Chemnitz vertrat die These, dass der konventionelle Ackerbau künftig mit deutlich weniger Agrarchemie auskommen müsse. Die vier Panelisten diskutierten darüber hinaus über politische Weichen, bei denen zurzeit aufgrund zäher Kompromissfindung noch viel Luft nach oben sei.