Diskussionsrunde: Olaf Deininger, Folkhard Isermeyer, Jutta Klasen, Michael Wagner, Hubertus Paetow, Jörg Krüger. (v.l.)
Beim Thema Reduktion von Pflanzenschutzmitteln existieren unterschiedliche Lösungsansätze. Fünf Teilnehmer prägten die Diskussion.
Entgegen den Erwartungen gab es hier und da Übereinstimmungen. „Wir brauchen Pflanzenschutzmittel“, räumte Dr. Jutta Klasen, Leiterin Fachbereich Chemikaliensicherheit am Umweltbundesamt (UBA), ein. Aber um Schutzgebiete und Biodiversität in agrarischen Lebensräumen zu erhalten, müsse der Einsatz reduziert werden. „Ungefähr doppelt so viel“ Fläche wie aktuell könnte davon betroffen sein.
DLG-Präsident Hubertus Paetow brach eine Lanze für Refugialräume, anstatt eine Reduktion mit einer „stumpfen Steuer“ umzusetzen. Klasen erwiderte, dass sich die Einnahmen einer Steuer gezielt zur „Belohnung“ von Landwirten, die Biodiversitätsmaßnahmen umsetzen, eingesetzt werden könnten.
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Prof. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts, betonte, dass die Ausweisung von „schützenswerten Habitaten“ drängender wäre, als über Steuermodelle zu diskutieren. „Wir dürfen uns nicht nur mit Landschaftselementen begnügen, die schon da sind“, so der Thünen-Präsident weiter. IVA-Präsident Michael Wagner berichtete davon, dass die in Dänemark eingeführte Steuer kaum Effekte auf den Absatz von Pflanzenschutzmitteln habe. Der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg-Andreas Krüger betonte, dass mehr Artenschutz in der Fläche regional betrachtet werden müsse.
Paetow hat sich erneut für ein Lizenzsystem zur Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ausgesprochen. Im Gegensatz zu einer Steuer würde ein solches System die verwendete Menge bei einem sinnvollen Maß kappen, betonte er. Auch für Isermeyer ist dies ein geeignetes marktwirtschaftliches Instrument, sofern das Ziel eine reine Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ist. Allerdings würde dies nicht das Ziel adressieren, mehr Biodiversität in die Agrarlandschaften zu bringen, so der Einwand des Wissenschaftlers.
Dem pflichtete Krüger bei. Man müsse sowohl den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren als auch Lebens- und Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen schaffen. „Das eine geht ohne das andere gar nicht“, bekräftigte Krüger. „Für den Refugialansatz brauchen wir ganz andere Instrumente“, hob Paetow ergänzend hervor. Das Ausweisen von schützenswerten Habitaten ist nach Aussage von Isermeyer möglicherweise jetzt der dringendere Ansatzpunkt als ein Lizenzmodell.Wagner befürchtet mit einem Quotensystem ein neues „administratives Monster“, das den Aufwand für die Landwirte nochmals erhöht. Auch er spricht sich gegen eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel aus und führt als Beispiel Dänemark an. Die dort eingeführte Steuer habe „kaum Effekte“ gezeigt. Für Klasen hat eine Steuer den klaren Vorteil, dass der Staat darüber Einnahmen generiert, den er dann wieder „ganz gezielt zur Förderung von Biodiversität einsetzen“ kann.
Mit Material von AgE