So sieht das neue Label von ClimatePartner aus. Das bisherige Label mit dem Claim "Klimaneutral" soll nach einer Übergangsphase auslaufen.
Das bekannte "Klimaneutral"-Label des Kompensationsanbieters Climate Partner läuft aus. Nun haben die Münchner den Nachfolger vorgestellt. Für das künftige Siegel sollen strengere Regeln gelten.
"Bei dem neuen Label müssen sich die Unternehmen Reduktionsziele setzen und Reduktionsmaßnahmen umsetzen; beide Schritte hatten wir bislang nur empfohlen", sagte Climate Partner-Chef Moritz Lehmkuhl der "Lebensmittelzeitung" im Vorfeld der Vorstellung. Am Mittwoch wurde das neue Siegel gelauncht. Statt "klimaneutral" steht dort künftig der Slogan "Climate Partner-zertifiziert" zu lesen.
"Wir haben rund zwei Jahre an dem neuen Konzept gearbeitet und uns im ersten Schritt Input von 30 unserer Kunden geholt, bevor wir dann immer mehr Kunden involviert haben", erläutert Lehmkuhl. Die Namen der ersten Kunden, die zeitnah umstellen wollen, möchte er noch nicht verraten.
Künftig müssen demnach nicht nur für Produkte, sondern auch für ein unternehmensbezogenes Label bereits Reduktionen umgesetzt worden sein, damit das Siegel erteilt wird. Zusätzlich zu den umgesetzten Reduktionen gilt als Minimalanforderung für unternehmensbezogene Label, dass für diese bis 2025 80 Prozent des genutzten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen müssen, bis 2030 100 Prozent. Zudem muss der Kunde nachweisen, dass er weiterhin kontinuierlich seine Emissionen reduziert.
Der Dienstleister setzt jetzt vor allem auf Reduktionen
Soll nur ein einzelnes Produkt gelabelt werden, muss das Unternehmen bereits Reduktionen mit direktem Einfluss auf das Produkt umgesetzt haben. Außerdem muss es auch hier den Klimaschutz auf Unternehmensebene verankern, also Reduktionsziele setzen, und innerhalb von 12 Monaten im gesamten Unternehmen Emissionen reduzieren. Auch hier verlangt Climate Partner einen Nachweis dafür, dass der Kunde dranbleibt.
"Im Kampf gegen den Klimawandel spielt das freiwillige Engagement von Unternehmen nach wie vor eine zentrale Rolle. Gleichzeitig ändern sich die Rahmenbedingungen und bisherige Klimaschutzkennzeichnungen werden hinterfragt", heißt es in einer Mitteilung des Münchner Unternehmens. Daher habe man nun "eine neue Lösung entwickelt, die den gestiegenen Anforderungen an ganzheitlichen Klimaschutz und insbesondere an die Reduktion von Treibhausgasen Rechnung trägt".
Längst gilt es als beste Praxis, dass Unternehmen, die es mit dem Klimaschutz ernst meinen, zunächst Emissionen vermeiden und senken, bevor sie diese kompensieren. Der Abschied von Climate Partner vom Klimaneutralitäts-Label wurde in der Nachhaltigkeitsszene deshalb als überfälliger Schritt gewertet.
"So viel Klimaneutralität wie wir die letzten Jahre gesehen und gelesen haben, kann es gar nicht geben", so Sabine Braun, Gründerin der Nachhaltigkeitsberatung Akzente. "Mit der EU Directive Green Claims werden bald viele Labels obsolet. Denn die wenigsten können, wie gefordert, ihren Impact nachweisen. Es geht nun darum, sich ehrlich zu machen."
Auch Achim Drewes, Sustainability & Stakeholder Relations Nestlé Waters Europe, verweist auf die EU-Richtlinie, die seiner Ansicht nach recht klare Leitplanken für notwendige Veränderungen von Klima-Labeln vorgebe, "und das ist auch überfällig". "Mehr Transparenz und Ehrlichkeit, was den Beitrag von Offsetting betrifft, ist schonmal eine klare Ansage."
"Klimaneutral"-Logo landete immer wieder vor Gericht
Die Einführung des neuen Siegels erfolgt zwei Wochen nachdem die EU-Kommission abermals strengere Vorgaben zum Ökomarketing vorgeschlagen hat. Danach müssen Unternehmen bei Aussagen wie "klimaneutral" oder "zu 100 Prozent CO2-kompensiert" transparent darlegen, welche Angaben sich auf ihre eigene Tätigkeit beziehen, also nicht auf Kompensation.
Auch war Climate Partners "Klimaneutral"-Logo in den vergangenen zwei Jahren immer wieder vor Gericht gelandet, nachdem die Wettbewerbszentrale die von Händlern und Herstellern genutzte Aussage ins Visier genommen hatte.
Expertin: Verbraucher verstehen "klimaneutral" nicht
"Die aktuellen Studienlage in der Verbraucherforschung zeigt, dass der Begriff 'klimaneutral' in der Produktkommunikation hochgradig problematisch ist und zu Fehleinschätzungen des Klimawirkung von Lebensmitteln beiträgt", betont Anke Zühlsdorf, geschäftsführende Gesellschafterin von Zühlsdorf + Partner, einer Agentur für Verbraucherforschung und Lebensmittelmarketing. "Der Kompensationsansatz wird nicht sachgerecht verstanden. Insofern kann man Unternehmen, die seriös über ihre Klimaschutzaktivitäten informieren wollen, nur dazu raten in der Produktkommunikation auf die Auslobung zu verzichten."
Das Klima-Bündnis sieht sich in seiner Ansicht bestätigt, dass Werbung mit Klimaneutralität die Gefahr des Greenwashings in sich birgt. "Aktuell gibt es immer mehr Berichte, die die Wirkungslosigkeit von Kompensationsprojekten entlarven", so Geschäftsführer Thomas Brose, "und deshalb glaube ich, dass es richtig ist, dass sich seriöse Unternehmen aus diesem Label verabschieden, das eher verschleiert als eine Orientierung gibt."
Matthias Giebel, Partner der Beratung Berndt + Partner, erläuterte: „Wir stecken in einem Dilemma - einerseits benötigen wir CO2-Kompensationen für den Klimaschutz , andererseits müssen wir unlautere Greenwashing Aktivitäten unterbinden." Er äußerte daher die Hoffnung, dass die Green Claims-Richtlinie nicht das Ende "der Bedeutung von Klimarelevanz für das Produkt-Marketing und das Ende von CO2-Kompensationen" bedeute, auch wenn beides dadurch deutlich komplizierter werde.
Climate Partner: Verbraucher sollen Klimaschutz-Anstrengungen überprüfen können
Mit dem neuen Label verspricht Climate Partner nun maximale Transparenz: Das Siegel verweist über einen Link oder QR-Code zu einer "Climate-ID-Webseite", über die Verbraucher das Klimaschutzengagement des jeweiligen Unternehmens vollständig nachvollziehen können. "Auf einen Klick lässt sich hier etwa sehen, welche Reduktionen bereits umgesetzt wurden und welche Ziele das Unternehmen außerdem verfolgt, um langfristigen Klimaschutz zu leisten", betont Lehmkuhl.
Betriebe, die die Anforderungen von "Climate Partner-zertifiziert" noch nicht erfüllen, können sich an der Finanzierung von zertifizierten Klimaschutzprojekten beteiligen und dies über ein anderes Label namens "Finanzieller Klimabeitrag" zeigen.
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