Mehr Platz, strukturierte Buchten und Einstreu zur Beschäftigung: Die Anforderungen des Tierschutzlabels „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes gehen deutlich über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus. Um sie zu erfüllen, müssen Landwirte ihre Schweineställe umbauen. Wie das in der Praxis gelingen kann, untersuchen nun Forscher der Universität Hohenheim und ihre Kooperationspartner im Projekt „Label-Fit“. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert es mit knapp 1,4 Mio. €. Die Universität Hohenheim erhält davon über 420.000 €.
Schwanzbeißen als ein Gradmesser für Tierwohl
„Die Tiere sollen mehr Platz bekommen, die Buchten in Komfortliege-, Aktivitäts-, Fress- und Kotbereiche unterteilt werden und reichlich organisches Material zur Beschäftigung zur Verfügung stehen“, erklärt Prof. Eva Gallmann vom Fachgebiet Verfahrenstechnik der Tierhaltungssysteme an der Universität Hohenheim. Der für das Label ebenfalls vorgeschriebene Verzicht auf das Schwanzkupieren verschafft der Forscherin und ihrem Team einen Gradmesser für den Erfolg der Maßnahmen: „Unversehrte Schwänze zeigen an, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ An der Landesanstalt für Schweinezucht (LSZ) in Boxberg baut das Projektteam daher den Stall so um, dass er die Kriterien der Einstiegsstufe des Tierschutzlabels erfüllt. „Wir testen dabei verschiedene Varianten“, erklärt Svenja Opderbeck, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hohenheim. „Zum Beispiel variieren wir die Geometrie der Buchten, die Beleuchtung und Liegeflächengestaltung, oder wir schaffen unterschiedliche Temperaturzonen.“
Verhalten der Tiere überwachen
Was die Schweine davon halten, erfahren die Forscherinnen, indem sie das Verhalten der Tiere überwachen. Videoüberwachung und elektronische Ohrmarken geben Aufschluss über Aktivitäts- und Ruheverhalten, Sozialverhalten oder Fressverhalten der Tiere – die Digitalisierung in der Landwirtschaft liefert Daten bei minimaler Beeinträchtigung der Tiere. „Dazu kommen Stallklimadaten, Daten zur Gesundheit der Schweine, wie etwa die Unversehrtheit ihrer Schwänze, und später die Schlachtdaten“, umreißt Opderbeck das Arbeitsprogramm.
Schweine brauchen Beschäftigungsmaterial
Doch Schweine brauchen auch Beschäftigungsmaterial damit sie sich wohlfühlen. Was in welcher Form für diesen Zweck ideal ist und wie dessen Attraktivität durch nutritive oder geruchliche Zusätze gesteigert werden kann, erforschen die Projektpartner Friedrich-Loeffler-Institut, LSZ und Deutscher Tierschutzbund. Das Beschäftigungsmaterial und die Einstreu im Liegebereich birgt jedoch ein verfahrenstechnisches Problem: Die vorhandenen Entmistungskanäle sind in der Regel auf Flüssigmist ausgerichtet. Die Streu kann aber eine Schwimmschicht auf der Gülleoberfläche bilden und zu Verstopfungen führen.
Entmistung bleibt eine Herausforderung
In dem Projekt sollen deshalb technische Verfahren entwickelt und erprobt werden, mit denen auch in Ställen mit Flüssigentmistung den Tieren Einstreu angeboten werden kann. Zunächst an der Universität Hohenheim im Labor, später an den Stallungen der LSZ weren die Pilotanwendungen. getestet. Dabei variieren die Forscher die Zusammensetzung des Mists und die Betriebsweise der Anlage, also etwa Dauer und Häufigkeit des Einsatzes oder die Leistungsstufe. Ein wichtiges Ziel ist dabei die Nachrüstbarkeit bestehender Anlagen.“ (az)