Alma Gramm hat in der kanadischen Provinz Saskatchewan Landluft geschnuppert. Besonders beeindruckt war die junge Frau von der Zeremonie des "Brandings".
Die Tiere stehen grundsätzlich ganzjährig auf der Weide, die eine Fläche von 1000 ha umfasst, in der Winterzeit wird lediglich Heu gefüttert. Als die Abkalbe-Saison im April in vollem Gange war, traf Gramm auf dem 3000 ha großen Betrieb von Jen und Clarke Moebis mit 350 Mutterkühen, 200 km südlich von Saskatoon gelegen, ein. Viel Zeit, um gemütlich anzukommen, blieb nicht – jede Arbeitskraft ist in dieser Zeit willkommen. "Umgehend wurde ich in die Betreuung der mutterlosen und kranken Kälbchen eingewiesen", erzählt Gramm.
Kaum war der Schnee geschmolzen, fuhren die ersten Sämaschinen über das weitläufige Farmland. Gramms Aufgaben wurden vielfältiger. Auf dem Programm für die Praktikantin stand nun: das Walzen der Linsen und Erbsen sowie das Be- und Entladen von Lastwagen mit frisch geerntetem Saatgut. "Meine Chefs wussten zwar, dass ich Neuland betrete, trotzdem haben sie mir immer die Möglichkeit gegeben, alles auszuprobieren." Gramm durfte probeweise sogar mit der Spritze auf den Acker und die Sämaschine steuern.
Neben roten Linsen wurde größtenteils Hartweizen auf insgesamt 1 500 ha angebaut, dazu etwas Raps und Leinen sowie gelbe Erbsen auf insgesamt 500 ha. Während der Aussaat seien zwei Airseeder "nach Möglichkeit Tag und Nacht" über das Feld gefahren, berichtet Gramm.
Die Landtechnik-Maschinen seien dort deutlich größer gewesen, als ihr das aus Deutschland bisher bekannt war. "Entsprechend gilt das auch für Pick-up und Kühlschrank", sagt Gramm schmunzelnd. "Dort drüben ist alles größer." Parallel zur Aussaat wurde es schließlich Zeit, den Kälbchen die Brandzeichen "zu verpassen", berichtet Gramm von einer Tradition, die es in Deutschland schon lange nicht mehr gibt. "Das war beeindruckend mitzuerleben: In der kanadischen Prärie ist das Branding ein Teil der Kultur und wird in der Regel wie ein kleines Fest mit Familie und Freunden zelebriert", sagt Gramm.
Zuerst werden bei dieser Tradition alle Kälber mit Brandzeichen und Ohrmarken versehen, geimpft und kastriert. Je nach Farm werde das Kalb für die Prozedur noch mit Pferd und Lasso gefangen. Anschließend habe sich die Familie ein reichhaltiges Abendessen mit paniertem Kalbshoden und hausgemachtem Pie schmecken lassen.
"Die Hoden schmecken ein wenig wie Steinpilze – sie sind so klein wie Weintrauben. Teilweise werden 20 bis 30 davon verschlungen." Im Frühjahr seien die Moebis‘ fast jedes Wochenende zu einer Branding-Zeremonie eingeladen gewesen.
Wieder in Deutschland angekommen, studiert Gramm mittlerweile im 1. Semester an der Hochschule Osnabrück Angewandte Pflanzenbiologie. "Der Ausflug in die Landwirtschaft war toll", resümiert sie. Spezialisieren wolle sie sich allerdings dann doch weiterhin im Gemüse- und Zierpflanzenbau.