Ist das Bauern-Bashing ein neuer Volkssport? Bashing bedeutet übersetzt so viel wie „heftige, herabsetzende Kritik“ oder auch „öffentliche Beschimpfung“. Und die nimmt rund um landwirtschaftliche Themen und Personen immer weiter zu. Auch wenn einerseits Landwirte in offiziellen Umfragen immer noch ein vergleichsweises hohes Ansehen in der Bevölkerung genießen, werden in einigen Medien immer schärfere Geschütze aufgefahren.
Neulich betitelte die Rheinische Post einen Kommentar wie folgt: „Gegenüber Tieren verhalten wir uns mitunter wie Nazis“. Mit dem „wir“ meinte der Journalist aber nicht Verbraucher wie sich selbst, sondern die tierhaltenden Betriebe mit vor- und nachgelagertem Bereich. Und wieder wurde das volle Vokabular von industrieller Massentierhaltung, Tierquälerei und Tötungsmaschine bemüht. Die positiv besetzen Begriffe in dem Artikel lauteten dann: artgerecht, Schöpfung, Verantwortung und Befindlichkeit.
Nun bleibt es im digitalen Zeitalter nicht dabei, dass sich einzelne Journalisten mit solchen Meinungsäußerungen profilieren. Zwar gab es im konkreten Beispiel auch Nutzer, die den Nazi-Vergleich des Autoren heftig kritisierten. Doch nachdenklich stimmten vor allem solche Kommentare, die in die gleiche Kerbe schlugen. Wie an den Ausführungen zu erkennen, alles keine Fachleute, sondern sogenannte normale Bürger. Auf den Facebook-Seiten von Tierschützern geht es bisweilen schlimmer zu. Da wird im Extremfall auch schon einmal den Landwirten der Tod an den Hals gewünscht.
Das Bild des tumben Mannes
Doch es gibt auch subtilere Formen des Bauern-Bashing. Ein Beispiel ist die RTL-Serie „Bauer sucht Frau“, in der das Bild des tumben Mannes gepflegt wird, der mit den Tücken des Alltags, zum Beispiel einer Kaffeemaschine, zu kämpfen hat und sich wundert, warum seine Angebetete von dannen zieht, weil es ihr auf dem Hof zu dreckig ist. Und im Hintergrund ist die Fast-Schwiegermutter in der Kittelschürze zu sehen, die auch nicht den hellsten Eindruck macht, dann aber wieder ihrem Jungen die Spiegeleier in die Pfanne schlägt. Mit solchen Schwachsinnssendungen wird offensichtlich eine Klientel bedient, die über traurige Existenzen lachen möchte. Sollen sie, wenn es sie von ihrer eigenen Armseligkeit ablenkt. Einfach nur peinlich, aber nicht für den dafür bezahlten Landwirt, sondern für den Sender.
Bashing auch in der Politik
Mittlerweile hat das Bauern-Bashing auch die politische Ebene erreicht. Nachdem das Thema Atomkraft durch die Entscheidungen der Bundesregierung nach Fukushima einigen Parteien abhanden gekommen ist, wird ein neues Thema gebraucht, um auf Wählerstimmen-Fang zu gehen. Und man erinnert sich an die bereits 2004 proklamierte Agrarwende, versieht diese noch mit ein paar aktuellen Themen und schon ist die Agrarwende 2.0 geboren. Es ist wie in der Küche: Wenn man schnell essen will, wird einfach Altes aufgewärmt. Und da die Landwirte seit 2004 noch weniger geworden sind, ist das Bashing auch noch einfacher. Minderheiten wehren sich selten.
Mit den bisweilen auch gerne gescholtenen „überbezahlten und geldgierigen Ärzten, die ihr Geld, das sie den Krankenkassen abgeluchst und in die Schweiz gebracht haben, um im Tessin ihren Altersruhesitz zu kaufen“ will man sich nicht so offen anlegen. Dafür ist die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber dieser Berufsgruppe noch zu gut. Es muss in der Bevölkerung - oder besser gesagt in ihrem meinungsbildenden Teil - gegenüber der verprügelten Berufsgruppe eine negative Grundeinstellung vorherrschen, die man ausnutzen kann, sonst funktioniert das Sündenbock-Prinzip nicht.
Und so freut man sich fast über jeden Skandal, ob es Hufeisen in der Lasagne, Vogelgrippe oder Schweinepest ist. BSE funktioniert (leider) nicht mehr, die Seuche sucht man seit langem vergebens. Dann doch lieber die Methan rülpsenden Kühe, die das Weltklima verändern.
Fragt sich nur, was der Landwirt mit Pferdefleisch, Infektionskrankheiten oder dem biologischen Geschehen im Kuhmagen zu tun hat? Nichts, aber es passt so gut in die politische Landschaft!