Dr. Jürgen Struck zu Christian Schmidt
Um das Amt des Ministers für Ernährung und Landwirtschaft auf der Ebene des Bundes bewirbt sich niemand. Das Amt ist zu besetzen, und dann wird eine Person benannt – so hat es sich in der jüngsten Vergangenheit verhalten. Für diese Person gibt es dann nur zwei Alternativen: annehmen und im politischen Geschäft bleiben, oder ablehnen und in der Versenkung verschwinden. Das war so, ist so und wird so bleiben, zumindest so lange das Ministerium existiert.
Doch eine weitere Erfahrung aus der Vergangenheit lautet, dass neue Amtsinhaber nach einer Phase des Fremdelns an der neuen Position irgendwann auch Gefallen gefunden haben.
Nun hat Christian Schmidt am 17. Februar sein einjähriges Amtsjubiläum gefeiert. Schmidt, wie sein Vorgänger Hans-Peter Friedrich ein fränkischer Protestant von der CSU, hatte mit Landwirtschaft, Umwelt und Verbrauchern zuvor eigentlich auch nicht viel zu tun. Wer die Live-Übertragungen aus der kürzlich stattgefundenen Münchner Sicherheitskonferenz verfolgt hat, konnte denn im Kreis der Teilnehmer auch den Bundesagrarminister entdecken. In München ging es aber nicht um Landwirtschaft, sondern um geopolitische und militärische Fragen. Diese Diskussionen wollte sich der langjährige Staatsekretär im Bundesverteidigungsministerium Schmidt nicht entgehen lassen, in dem Bereich kann er sicher auch immer noch Leidenschaft entwickeln.
Gegen Regulierungsorgien
Genau die fehle ihm im neuen Amt, werfen ihm Kritiker vor. Schmidt gestalte zu wenig, heißt es von verschiedenen Seiten. Doch im Ernst: Was soll ein Bundesagrarminister denn tatsächlich in kurzer Zeit gestalten können? Er ist eingezwängt zwischen den föderalen Strukturen in Deutschland mit mächtigen Länderministern auf der einen Seite, und einer komplexen Verwaltungsstruktur und Entscheidungsebene der Europäischen Union auf der anderen.
So bleibt ein Bundesagrarminister immer vornehmlich Ziel für Attacken des politischen Gegners, ohne darauf wirksam reagieren zu können. Beispiele dafür gibt es viele, seien es aktuell die Antibiotikadiskussion, die Düngeverordnung oder die immer wieder ins Spiel gebrachten Subventionen.
Wer den Bundesagrarminister Schmidt jedoch jüngst auf Veranstaltungen, wie zuletzt im Januar auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin, gehört und erlebt hat, muss anerkennend feststellen, dass er sich in den vergangenen 12 Monaten intensiv mit dem Studium von Akten befasst haben muss. Sachlich und nüchtern vertritt er eine marktorientierte Haltung und hat globale Entwicklungen im Blick. Ein Sendungsbewusstsein, gleich welcher Richtung, ist bei ihm auch nicht erkennbar. Und „Tamtam“ ist ohnehin nicht sein Stil.
„Schmidt will die Bauern nicht ärgern, Schmidt will ihnen helfen“, beschreibt er knapp seine Amtsführung. Und „Regulierungsorgien“ sind ihm ein Greuel, sagt er. Sofern der Minister dieser Linie treu bleibt – und davon ist auszugehen - ist dem Agrarsektor schon viel geholfen. Eine ideologiefreie Politik, die sich am Nutzen des Wirtschaftsbereiches orientiert und gezielte Unterstützung bietet - beispielsweise in der Bearbeitung von Exportmärkten -, kann eine gute Basis bieten für eine gedeihliche Entwicklung.
Schmidt lernt immer noch dazu. Und wer weiß, vielleicht entwickelt er sogar noch Leidenschaft, wenn auch nur ein bisschen.