Horst Hermannsen über die MEG Milch Board
Plötzlich und völlig überraschend endet am 1. April, nach 31 Jahren, die EU-Milchquotenregelung. Das Ende dieser Form sozialistischer Ordnungspolitik wurde zwar bereits vor Jahren beschlossen, aber offensichtlich waren zu viele Bauern mit ihren Lieblingsbeschäftigungen - also Quoten überliefern und Marktpartner beschimpfen - so in Anspruch genommen, dass sie vergaßen, dieses wichtige Datum im Kalender rot anzustreichen.
Mit Höhenangst zum Bergführer
Auf einmal ist es da, und es gibt für dieses unsägliche System, wie von ideologiefreien Beobachtern prognostiziert, kein identisches Nachfolgemodell. Was bäuerliche Unternehmer anfeuert, stürzt die Unterlasser in tiefe Betrübnis. Es ist aber auch zum verzweifeln, wenn sich Menschen mit einer Schwäche genau dort verwirklichen möchten, wo ihr Manko eigentlich ein Hindernis darstellt. Wenn beispielsweise jemand mit Höhenangst Bergführer wird, ein Legastheniker Korrektor in einem Buchverlag, einer mit Rechenschwäche Finanzminister, oder einer der überhaupt nichts mit Partys am Hut hat, Regierender Bürgermeister von Berlin. Hier können sich kaum Erfolge einstellen. Auch Milchbauern, denen es am Unternehmergeist gebricht, werden die Zukunft, eben wegen ihrer Schwäche, nicht meistern. Aber keine Sorge, andere werden ihren Platz rasch und geräuschlos einnehmen.
Immer mehr Verbände, Organisationen sowie selbst ernannte Berater verbreiten in diesen unsicheren Zeiten wohlfeile Ratschläge, wie deutsche Milchbauern ihre Zukunft zu meistern haben. Zum Beispiel die Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milch Board hat ihre pfiffigen Ideen erst kürzlich zum Besten gegeben: Nach ihrer Auffassung sollten die Genossenschaftsmolkereien schnellstens auf die Andienungspflicht ihrer bäuerlichen Lieferanten verzichten, weil damit der Wettbewerb ausgehebelt wird. Dabei dachte bisher mancher genossenschaftliche Milcherzeuger recht naiv, ihm und seinen Kollegen gehöre die Genossenschaftsmolkerei und seine Interessensvertreter sitzen in deren Führungsgremien.
Staatliche Gängelung
Als Alternative werden nun von der MEG Milch Board flächendeckend schuldrechtliche Verträge anempfohlen. Das klingt zunächst einmal nicht schlecht. Vertragliche Einigungen über Liefermengen, Qualitätsklauseln und der vorher vereinbarte Preis für das gelieferte Gut, sind in der Wirtschaft üblich. Unüblich ist allerdings, dass die Politik aufgefordert wird, dies gesetzlich vorzuschreiben. Damit wäre man wieder genau an dem Punkt, den wirkliche Unternehmer scheuen wie der Teufel das Weihwasser, nämlich die staatliche Gängelung.
Gleichzeitig soll der Steuerzahler die Milcherzeugergemeinschaften finanziell stärker subventionieren. Verwaltungsaufgaben, die auch mit der Angebotsbündelung verbunden sind, möchte man flugs der Landwirtschaftsverwaltung aufs Auge drücken. Mit einem Wort: MEG Milch Board träumt vom betreuten Melken. Das aber wird schon deshalb nicht funktionieren, weil es keinen deutschen Milchmarkt mehr gibt. Ob man dies begrüßt oder nicht, der internationale Absatz gibt bei einer Exportleistung von fast 50 Prozent die Spielregeln vor. Übrigens bedarf es keines genetischen Fingerabdrucks, um die Verwandtschaft zwischen Milch Board und BDM zu erkennen.
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