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Daphne Huber-Wagner zur GAP-Reform

Bayern, Berlin und jetzt Leipzig: Das sind die Stationen, die EU-Kommissar Phil Hogan nach knapp einem halben Jahr im Amt bisher in Deutschland besucht hat. Dabei dürfte ihm der gewaltige Unterschied in den Betriebsstrukturen nicht entgangen sein. Vielmehr treffen die Orte die Vielfalt, die Hogan in den 28 EU-Mitgliedsländern vorfindet. Diese Komplexität muss die EU-Agrarreform berücksichtigen. Kein Wunder, dass dabei die vor der Agrarreform versprochene Flexibilität der Maßnahmen verloren geht.

Und genau diese vermissen jetzt die Landwirte, wenn sie in diesen Tagen kopfschüttelnd und schimpfend die mit Verspätung eingetroffenen CD-Scheiben einlegen, um die Anträge zur Berechtigung von Direktzahlungen aus der 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bis Mitte Mai auszufüllen. Insofern hätte der Zeitpunkt nicht besser gewählt sein können, mit dem Hüter der EU-Agrarreform persönlich ins Gespräch zu kommen. Geschickt haben die Bauernverbandsfunktionäre von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ihre Chance genutzt und dank ihrer guten Drähte nach Brüssel den EU-Kommissar persönlich zur agra nach Leipzig eingeladen. „Big Phil", wie der knapp zwei Meter große Ire auch genannt wird, ließ sich auf das Abenteuer "Agrarpolitisches Forum" zum Bürokratiemonster GAP vor rund 500 spannungsgeladenen Landwirten ein. 

Doch wer pfeifende Wutbürger oder endlose Schlepperkolonen vor dem Messegelände erwartet hatte, wurde enttäuscht. Solche Demonstrationen passen nicht ins Bild. Vielmehr waren die Betriebsleiter sehr gut vorbereitet und konnten sehr wohl den EU-Agrarkommissar davon überzeugen, was in den Rechtsakten zum Greening, zu ökologischen Vorrangflächen und zum Dauergrünland schlichtweg schief läuft. Hogan zeigte sich tief beeindruckt und versprach nach kurzem Zögern dann aber immer bestimmter, die Vorschriften zu vereinfachen. Spätestens mit seinem Satz, „dass sie das tun sollen, was sie am besten können, nämlich Nahrungsmittel erzeugen", sind der Ire und die ostdeutschen Landwirte ziemlich beste Freunde geworden.

Weniger gut schnitten mit auf dem Podium sitzend die ebenfalls neuen Agrarminister aus Sachsen, Thomas Schmidt (CDU), und Birgit Keller (Die Linken) aus Thüringen ab, sowie Agrarstaatssekretärin Anne-Marie Keding aus Sachsen-Anhalt. Sie machten einen recht ratlosen Eindruck und schienen am Ende ihres Lateins, wie sie mit ihrem knappen Personal in den Ämtern den gewaltigen Kontrollaufwand für das Greening bewältigen sollen. Doch dieses Gejammer ließ Hogan so nicht stehen. "Wenn Sie der Ansicht sind, das die GAP ein bürokratisches Monster ist, kann nicht nur Brüssel dafür verantwortlich gemacht werden", sagte Hogan. Denn alle wollten und konnten bei der GAP mitwirken und deshalb könnten die Landwirte in Deutschland ihren Frust ruhig auch an ihren förderalen und regionalen Verwaltungen ablassen.

Die agra hat sich zu einem beachtlichen Schaufenster der ostdeutschen Landwirtschaft etabliert. Alle Hersteller von Technik sind mit ihren größten Giga-Maschinen und -Geräten auf dem Gelände vertreten, ähnlich wie auf der Agritechnica in Hannover.

Denn hinter der Betriebsgröße von 1.000 ha und mehr stecken investitionswillige Agrarbetriebe. Das müssen auch die Verbandsfunktionäre einsehen und sich nicht unglaubhaft machen, wenn sie eine Pleitewelle von Betrieben dafür verantwortlich sehen, sollten die Direktzahlungen nicht pünktlich Ende des Jahres auf dem Konto eingehen. Der Protest an der GAP ist richtig und gut, denn die Zwischenbilanz kommt schon 2017. Die Landwirte machen es vor, wie sie mit Fachwissen und Argumenten Erleichterungen schaffen können.



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