Was, wann und wie viel gedüngt wird, ist immer wieder ein Thema. Unsäglich ist aber die Verbissenheit, mit der die neue Düngeverordnung zurzeit diskutiert wird. Sie scheint viel mehr der Profilierung einzelner Politiker zu dienen als dem Ziel, praxisorientierte Lösungen zu finden und zu fördern, die sich nicht zugleich zu einem Bürokratiemonster für die Landwirte auswachsen. Der Ansatz der Düngeverordnung ist grundsätzlich gut, der Teufel steckt jedoch im Detail.
Auslöser für die Debatte ist die regional hohe Nitratbelastung des Grundwassers. Als Deutschland vor 25 Jahren die Messstellen für die Grundwasserdaten, die an die EU weitergeleitet werden, benannt hat, hatte man anscheinend die Hoffnung, bei den höher belasteten Messstellen eine schnellere Verbesserung zu erreichen. Leider spielen neben der landwirtschaftlichen Nutzung auch viele andere Aspekte eine Rolle, die wir als Landwirte nicht beeinflussen können - wie hohe Vorbelastungen in Auengebieten oder eine marode Kanalisation. Das Resultat ist: Die Werte haben sich nicht verbessert und Deutschland weist mit Abstand die schlechtesten Resultate im europäischen Vergleich auf. Dass diese Werte nicht die Realität in unserem Trinkwasser widerspiegeln, wird leider von vielen Interessengruppen wissentlich verschwiegen. Denn insbesondere die Nährstoffüberschüsse sind das Problem nur einiger Landkreise oder Gemeinden. Allzugerne wird dies aber pauschal auf alle Tierhalter angewendet. Dies führt nun zu einer Düngeverordnung, die wieder eine Lawine an Bürokratie und Einschränkungen mit sich bringt. Für viele kleinere landwirtschaftliche Betriebe ist gerade dies wieder ein Tropfen mehr, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Die Landwirte in den Viehhaltungs- und Biogasregionen haben es verstanden: Ein Weiter-so gibt es nicht. Die Nährstoffe müssen bedarfsgerecht und transparent verwertet werden. Die häufig praktizierte Entsorgung überschüssiger Gülle im Herbst dürfte mit den Sperrfristen und der straffen Reglementierung der Düngung nach der Hauptfrucht bald der Vergangenheit angehören – zumal dies auch am Bedarf der Pflanzen völlig vorbeigeht. Es wird daher fieberhaft nach innovativen Wegen gesucht, die Nährstoffe aus den Überschussregionen zu exportieren. Von Separationsanlagen bis Kombi-Lkw, die Gülle ausführen und später Getreide wieder mitbringen können, ist vieles in der Erprobung. Unbedingt notwendig hierfür ist jedoch die Möglichkeit, das vorgeschriebene zusätzliche Güllelager eines Stalles in Weser-Ems, auch in den Ackerbauregionen wie Hannover bauen zu können. Nur so kann die Logistik sinnvoll und vor allem ganzjährig genutzt werden. Gleich doppelt bitter, für den Tierhalter und Biogasbetreiber ist jedoch die statische Grenze von 170 kgN pro Hektar. Zum einen muss er die überschüssige Menge aus seinem Betrieb exportieren, zugleich aber den restlichen Düngebedarf der Pflanzen mit teurem KAS wieder ausgleichen. Besonders bei dem so schnell verfügbaren Stickstoff aus dem Biogassubstrat ist diese Obergrenze völlig unverständlich, da der Stickstoff sofort voll pflanzenverfügbar ist.
Mit Verboten und Gesetzen allein wird man das gemeinsame Ziel der Reinhaltung des Wassers jedoch nicht erreichen. Pauschale Höchstmengen bringen nur bedingt Verbesserungen. Eine gut ausgebaute und regional verwurzelte Beratung der Landwirte ist eine wichtige Aufgabe der landwirtschaftlichen Verwaltung. Wirklichen Wasserschutz kann man nur mit den Landwirten durch eine dem Standort angepasste Bewirtschaftung der Flächen erreichen. Ein Sandboden mit Beregnung hat völlig andere Ansprüche an die Bewirtschaftung als ein mächtiger Lössboden mit starker Sommertrockenheit. Hier hilft auch keine Länderöffnungsklausel, die nur den Regionalfürsten mehr Entscheidungsspielraum gibt. Dies ist doch lediglich ein profanes Mittel, Parteipolitik im eigenen Land zu exerzieren.
Warum treten Phosphormangelerscheinungen auf, obwohl der Boden hoch versorgt ist? Weshalb haben Kartoffeln trotz deutlich negativem N-Saldo einen sehr hohen Rest-Nmin-Wert? Gerade die neuen Forschungen im Bereich der Nährstoffverfügbarkeit und deren Mobilisierung im Boden ist meines Erachtens eine sehr vielversprechende Aufgabe an den Universitäten. Zu einfach darf es sich die Politik nicht machen. Die weitere Unterstützung der ergebnisoffenen Forschung ist eine klare Forderung an die Verantwortlichen.
Nmin-Werte verabreden
Ein Umdenken sollte auch in der Agrarförderung einkehren. Unsere südlichen Nachbarn in Bayern machen es uns vor. Dort wird schon seit vielen Jahren die bodennahe Ausbringung von Gülle sowie Gärresten und nun auch deren Injektion in den Boden gefördert. Analog dazu sollte es eine Förderung der zusätzlichen Lagerkapazitäten für organische Düngemittel geben. Darüber hinaus sind zum Beispiel Projekte zur Einführung der N-Sensor-Technik bundesweit schon angelaufen, jedoch noch nicht überall etabliert. Auch sie sollten stärker gefördert werden. Dieses Geld ist allemal besser angelegt, als per Direktbeihilfe mit der Gießkanne über die Flächen verteilt zu werden.
Ein dänischer Kollege erzählte mir kürzlich, dass er seinen Kindern manchmal in Deutschland den schönen grünen Weizen zeigen möchte. Durch die Begrenzung auf maximal 160kg N sind in Dänemark die Bestände nur noch hellgrün und unterversorgt. Damit sind keine hohen Erträge und gute Qualitäten mehr zu erzeugen. So weit soll es in Deutschland doch hoffentlich nicht kommen.
Wäre es nicht ein viel interessanterer Weg, dem Landwirt eine „End of Pipe“-Option zu geben? Es werden klare Rest-Nmin-Werte für seine angebauten Kulturen im Mittel über mehrere Jahre vereinbart. Wie er diese Werte im Herbst erreicht, ist seinem ackerbaulichen Geschick überlassen. Das wäre doch wirklich mal ein innovativer Ansatz, den man diskutieren könnte.