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Dr. Jürgen Struck zur Diskussion um Tierschutzverstöße beim Ferkel

Die Bilder waren wieder mächtig. Zuschauer der am Montag dieser Woche ausgestrahlten ARD-Dokumentation „Deutschlands Ferkelfabriken" waren sicher tief beeindruckt von den gezeigten Vorgängen. Das bewährte Team von Tierschutzaktivisten rund um die Autoren der Dokumentation, Monika Anthes und Edgar Verheyen, hat wieder ganze Arbeit geleistet. Gezeigt wurden grausame Bilder von Tötungen junger Ferkel. Doch relativ pauschal wurde damit die Aussage verknüpft: so geht es zu in Deutschlands Ferkelställen.

Nach der rund 30-minütigen Sendung blieb ein verstörtes Publikum zurück. Derartig grausame Bilder kann niemand ertragen. Entsprechend harsch fielen dann auch die Kommentare aus der Öffentlichkeit, jedoch auch aus der Fachwelt aus. So etwas darf nicht sein. Daraus ergibt sich die Frage: Was kann dagegen getan werden.

Es ist sicher kaum möglich darauf befriedigende Antworten zu finden. So sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es - vielleicht bedauerlicherweise - aber dennoch Teil der Natur ist, dass es bei der Geburt von Nachkommen auch zu Komplikationen kommen kann.  Unter den vielen Millionen Ferkeln, die in deutschen Ställen jährlich zur Welt kommen, wird es immer einige geben, die keine Aussicht auf eine gedeihliche Entwicklung haben. Sie können krank, sehr schwach oder auch verletzt sein. In derartigen Fällen räumt das Deutsche Tierschutzgesetz dem Tierhalter ein, aufgrund seiner Sachkunde und auf der Basis verantwortlichen Handelns, solche kleinen Ferkel im Notfall mit geeigneten Methoden rasch zu töten. Anderenfalls würde Leiden unnötig verlängert. Diesen Umstand räumen auch (sachkundige) Tierschützer ein, beispielsweise der Deutsche Tierschutzbund.

Nach dem Film erschallt der Ruf nach Veränderungen. Doch wie könnten diese aussehen? Tierhalter aber auch der Gesetzgeber befinden sich in einer schwierigen Situation. Sollte die Nottötung untersagt werden, würden die Tiere leiden bis sie schlussendlich doch zugrunde gehen. Eine erlösende Spritze dürfte nur der Tierarzt geben. Doch wann könnte dieser erscheinen und wie oft soll er in einem größeren Bestand tätig werden?  Das Ergebnis wäre ohnehin das gleiche - das Ferkel wäre tot. Soweit zur Ausgangslage. Die Tierhalter stehen hier auf verlorenem Posten.

Diese Situation zu vermengen mit objektiven Verstößen gegen den Tierschutz, wie in der Dokumentation geschehen, und dies als Alltag in deutschen Ställen darzustellen, ist unredlich. Zu Recht protestieren Tierhalter und deren Verbände gegen die pauschale Anklage. Doch es fällt ihnen zunehmend schwer, in emotional aufgeladenen Fragen Verständnis für ihre Alltagsprobleme zu finden.

Viel lieber beschäftigen sich Öffentlichkeit und zumindest Teile der Medien mit der Suche nach Schuldigen, das „Blame Game" ist zum populären Bestandteil des öffentlichen Lebens geworden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, um derartigen Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Dabei haben auch in den Medien Verantwortliche sowie Autoren von Dokumentationen ihren Teil beizutragen, anderenfalls verlieren sie ihre ohnehin bereits beschädigte Glaubwürdigkeit. Ein anderes Kapital haben sie nun einmal nicht.  



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