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Stefanie Pionke zu Jahresrückblicken

Der Jahreswechsel bietet in schöner Regelmäßigkeit Anlass, die zurückliegenden 12 Monate Revue passieren zu lassen und nach vorne zu schauen. Auf allen Kanälen laufen Jahresrück- und Vorblicke und mitunter schwer erträgliche Subgenres dessen wie Quizshows zum endenden Jahr, stets besetzt mit prominenten Teilnehmern und nicht weniger bekannten sowie jovialen Moderatoren. Auch branchenbezogene Lobbyverbände nutzen den Jahreswechsel gerne, um Bilanz zu ziehen und ihre Erwartungen für das kommende Jahr kundzutun. Anders als in den einschlägigen Fernsehgalas zum Jahresabschluss hüten die Interessensvertreter sich gemeinhin vor zu viel Euphorie. Nicht zu optimistisch in seiner Vorschau und Bilanz zeigte sich dieser Logik folgend jüngst auch der Deutsche Bauernverband (DBV).

Die Erwartungen für 2014 seien „verhalten optimistisch“, heißt es in der Rück- und Ausblicksepistel des DBV. Zwar konnten die Milchpreise 2014 über 40 Cent je Liter steigen, räumt der Verband ein – nur um gleich darauf das Haar in der Suppe zu finden: Diese hohen Preise hätten die Landwirte dazu veranlasst, mehr Milch zu produzieren. Ergo habe Deutschland die Milchquote übermolken und müsse Strafzahlungen nach Brüssel leisten. Ein Glück, dass mit diesem bürokratischen Firlefanz 2015 Schluss sein wird – dann kann endlich jeder Landwirt so viel melken, wie es seine Kühe und der Markt unter ökonomisch sinnvollen Gesichtspunkten zulassen.

Auch die Getreidepreise, wird der Bauernverband nicht müde zu monieren, sind seit dem Sommer 2013 rückläufig. Das ist zwar sachlich nicht falsch, bietet aber nüchtern betrachtet wenig Anlass zu Pessimismus. Denn mit Weizenpreisen jenseits der und um die 200-Euro-Marke lässt sich hervorragend kostendeckend produzieren – mit Profit noch oben drauf. Das wird auch der letzte Marktteilnehmer, der hartnäckig auf immer weiter steigende Preise hofft, merken. Allerdings folgt diese Einsicht häufig erst, wenn es zu spät ist, und die Preise erst einmal so richtig abgeschmiert sind.

Kämpferisch zum Jahresausklang geben sich gerne Nicht-Regierungsorganisationen. So beklagt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in seiner Jahresbilanz 2013, dass bei der Gestaltung der Agrar- und Energiepolitik die Lobbyisten Feder geführt hätten. Die Ankündigung für 2014: Der BUND werde sich weiter für eine ökologische Landwirtschaft und die Rettung der Energiewende einsetzen. Wie sich das wohl mit dem Neustart für die Energiewende verträgt, den der frisch gebackene Superminister Sigmar Gabriel (SPD) jüngst verkündete? 


Seinen Jahresrückblick packt der BUND übrigens weniger in Worte als in Bilder. Die Fotogalerie auf der Webseite des Bundes zeigt eine Auswahl von Ottonormalverbrauchern und -verbraucherinnen, die sich gegen die Massentierhaltung einsetzen, bärtige Altachtundsechziger, die für Energie in Bürgerhand plädieren, sowie eine flauschige Biene in Anflug auf eine Rapsblüte als Mahnerin gegen den Pestizideinsatz.

Was wird unterdessen die Agrarwirtschaft in Deutschland von der neuen Bundesregierung erwarten dürfen? Anfangs sicherlich nicht allzu viel, denn Agrarminister Hans-Peter Friedrich muss sich erst einmal in das neue Ressort weiter einarbeiten. Doch der CSU-Politiker bemüht sich bereits, Zweifler an seiner Kompetenz zu beruhigen: Er stamme aus einer ländlich geprägten Region, weiß er eifrig zu betonen. Das qualifiziert zunächst einmal für gar nichts und klingt ähnlich putzig als würde sich jeder, der in der Nähe eines Atomkraftwerks lebt, zum Kernphysiker berufen fühlen.

Seine Feuertaufe in Sachen Öffentlichkeitsarbeit muss Friedrich auf der Grünen Woche Mitte Januar in Berlin bestehen. Dort dürften sich viele PR-trächtige Momente bieten: So könnte der frisch gebackene Bundesagrarminister herzhaft in Elchfleisch beißen, was das Partnerland Estland – übrigens ein Agrarstandort, der in der Bedeutsamkeit Luxemburg in nichts nachstehen dürfte – dort als nationale Spezialität feilbieten wird.




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