Axel Mönch zum Pflanzenschutz

Debatte steckt in der Sackgasse

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Die seit dem Krieg andauernde Versorgungsdebatte lähmt bereits die Verhandlungen. Jetzt gerät die Debatte über den Vorschlag zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR) auch noch in den Wahlkampf und wird damit endgültig ausgebremst.

Ein Jahr vor den Europawahlen im Frühjahr 2024 steigen die Europäischen Christdemokraten (EVP) aus den Verhandlungen aus. Zu groß ist der Gegenwind aus der Landwirtschaft gegen die Halbierungsziele der EU-Kommission. Die Parlamentswahlen in den Niederlanden lehren die EVP das Fürchten und machen deutlich, dass durch protestierende Landwirte vor allem sie Stimmen verliert. Der Parteitagsbeschluss der EVP zum Ausstieg aus den Verhandlungen in München verlangt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen politischen Spagat ab. Einerseits war sie es, die den Green Deal auf den Weg brachte. Andererseits kann sich von der Leyen einem Beschluss ihrer Partei nicht entgegenstellen, zumindest nicht, wenn sie ihre Karriere fortsetzen möchte. Geholfen hat beim Bremsmanöver auch der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hat genug Ärger mit seiner Rentenreform am Hals und will es sich nun mit seinen Landwirten nicht verscherzen. Deshalb forderte Macron eine Pause für den Green Deal. Der SUR-Vorschlag ist damit endgültig in den Wahlkampfmodus geraten, was im Europaparlament die bisher parteiübergreifenden Kompromisse in der Klimagesetzgebung erschwert.

Der ausgebremste SUR-Vorschlag ist bei Weitem kein Sieg für den EU-Agrarsektor. Wenn sich alle Wirtschaftszweige beim Green Deal anstrengen, Kompromisslösungen finden und nur die Landwirtschaft am Schluss als Blockierer dasteht, könnte das dem Ruf des EU-Agrarsektors schaden. Schließlich ist der Bonus der Erzeuger von notwendigen Nahrungsmitteln in der Öffentlichkeit nicht unbegrenzt belastbar. Ein EU-Agrarsektor, der sich dem Klima- und Umweltschutz verweigert, verliert bei der kommenden GAP-Reform ab 2028 an Wohlwollen. Zur Erinnerung: Die Kommission hat den SUR-Vorschlag vorgelegt, weil der integrierte Pflanzenschutz nicht wie gewünscht funktioniert. Spätestens jetzt muss die Landwirtschaft Lösungen liefern, die über unverbindliche Absichtserklärungen hinausgehen.

Die von der EU-Kommission vorgelegten festen Prozentsätze für die Reduktion mögen der landwirtschaftlichen Praxis mit ihren starken Witterungsschwankungen nicht immer entsprechen. Aber die Politik braucht solche lesbaren und kommunizierbaren Größen. Zudem bieten geeignete Fruchtfolgen, robuste Sorten und die mechanische Unkrautbekämpfung sehr wohl witterungsunabhängige Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz. Und wenn in den SUR-Verhandlungen aus einer Halbierung bis 2030 am Ende 30 Prozent Reduktion werden, ist der Einstieg in einen besseren Pflanzenschutz gemacht, und zwar ohne zu großes Risiko für die Landwirte. Letztendlich geht es im SUR-Vorschlag darum, Anreize für die Entwicklung von weniger gefährlichen Wirkstoffen zu verstärken. Die Weichenstellung für die Zukunft muss zwar ausreichend flexibel gehandhabt werden. Sie darf aber keinesfalls verschoben werden.



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  1. Konrad Butschek
    Erstellt 26. Mai 2023 22:46 | Permanent-Link

    Der integrierte Pflanzenschutz bedeutet die Abwägung erfolgversprechender Handlungsalternativen. Wenn der nicht zu der von Ihnen gewünschten Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes geführt hat, bedeutet das einfach, dass es offensichtlich keine ähnlich erfolgversprechenden anderen Handlungsalternativen gibt. Ihr Beispiel mechanische Unkrautbekämpfung ist nach meiner Erfahrung in niederschlagsreichen Gebieten eben nicht sicher, weil Wildkräuter wieder angewachsen sind. Zudem ist die Wirkung mechanischer Maßnahmen geringer. Zudem hat mechanische Unkrautbekämpfung auch Nachteile für die Umwelt - Stichwort Bodenbrüter. Erst nachdem wir das Hacken der Zuckerrüben eingestellt hatten siedelten sich in unseren Rübenschlägen Kibitze und Regenpfeifer als Brutvögel an.
    Bei der Anhörung der EU führte ein niederländischer Professor aus, dass man bei Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes bis zu 60% mehr Gewinn macht. Wenn er meint so viel besser zu sein als gut geführte Betriebe, warum sucht er nicht die Zusammenarbeit mit uns auf der Basis: Der bisherige Gewinn + 30% wird mehrjährig garantiert, Der Mehrgewinn ist für ihn..

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