Henrike Schirmacher zum Pflanzenschutz

Die Zeit drängt!

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An die Verabschiedung strikterer Vorgaben für die Anwendung von Pflanzenschutz müssen sich Landwirte wohl oder übel gewöhnen. Das Blatt kann sich schnell hin zu mehr Ordnungsrecht wenden.

Vor knapp vier Jahren hatte die damalige Große Koalition den Stein mit der Bekanntgabe von Leitlinien für den Insektenschutz ins Rollen gebracht. Zwar verbuchten Landwirt:innen nach heftigen Protesten gegen geplante Pestizidverbote in Schutzgebieten einen Erfolg: Sie wurden vor sehr viel größerem Übel, den Pflanzenschutzverboten auf Ackerland in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten und in Vogelschutzgebieten, bewahrt. Dieses Entgegenkommen seitens der Politik ist allerdings „nur“ ein Kooperationsangebot auf Zeit: Wenn Landwirte bis Mitte 2024 nicht auf 90 Prozent der betroffenen Ackerflächen freiwillig Naturschutzmaßnahmen umsetzen, drohen Verschärfungen.

Das Blatt kann sich also schnell hin zu mehr Ordnungsrecht wenden. Spätestens zum Stichtag, wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dem Bundeskabinett mitgeteilt haben muss, ob Landwirte das Kooperationsangebot tatsächlich mit Leben füllen, könnte die Sorge vor „pauschalen Verboten“ zur schrecklichen Gewissheit werden. In Niedersachsen sind sich Betroffene dessen mehr als bewusst. In weiser Vorausschau auf die europäischen wie nationalen Nachhaltigkeitsziele für Agrarlandschaften hat sich in diesem Bundesland eine breite Allianz aus Politik, Landwirtschaft und Naturschützern bereits im Frühjahr 2020 zusammengetan und den sogenannten „Niedersächsischen Weg“ geebnet.

Während Niedersachsen das Zepter also selbst in die Hand genommen hat und Landwirte für mehr Umweltschutz finanziell entschädigt, ist es für andere Bundesländer offenbar zu verlockend, sich bequem zurückzulehnen. Für die Landwirtschaft ist das bitter. Bei diesem Spiel auf Zeit ist das Risiko groß, langfristig doch mit gefürchteten „pauschalen Verboten“ rechnen zu müssen – spätestens, wenn die Pläne der EU-Kommission zur Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in nationale Gesetze umgesetzt werden müssen.



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