Nach der jüngsten Bundestagswahl hörte man bei den Windkraftanlagenbauern und Flächenverpächtern förmlich die Sektkorken knallen.
Nicht wenige von ihnen sitzen in den Startlöchern der Stadt- und Gemeinderäte wie der Fuchs vor dem Kaninchenbau, um Kommunalpolitik in ihrem Sinne zu steuern. Mit dem Zauberwort „Bürgerbeteiligung“ hoffen sie auf einen milliardenschweren Geldsegen – für sich. Diese besondere Form der Bestechung lässt in der Tat manchen Widerstand erlahmen und ins Gegenteil verkehren. Aber man findet noch Natur- und Umweltschützer, die sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen den zunehmenden Bau von Windkraftanlagen wehren. Sie verweisen auf Geräuschbelästigung, Infraschallwellen, den Verlust von Kulturlandschaften sowie die drohende Ausrottung von Greifvögeln wie den Rotmilan. Zudem häufen sich Havarien von Windanlagen. Nach dem Willen der künftigen Ampelregierung sollen die Kritiker jedoch weitgehend wehrlos gemacht werden. Ein Mittel dazu: schnellere Baugenehmigungen unter weitgehender Ausschaltung direkt betroffener Bürger. Alles in der grünen Maskerade des Klimaschutzes und damit der Rettung des Planeten. Mehr Planwirtschaft als im Deutschen Klimaschutzgesetz ist kaum vorstellbar.
Gewaltige Bodenversiegelung
Der bekannte Schriftsteller und Dramatiker Botho Strauß hat bereits vor Jahren die Empfindung dieser Menschen in einem Satz zusammengefasst: „Eine brutalere Zerstörung der Landschaft, als sie mit Windkrafträdern zu spicken und zu verriegeln, hat zuvor keine Phase der Industrialisierung verursacht.“ Auch was man nicht sofort erkennt ist dramatisch. Jede Windkraftanlage benötigt belastbare Zufahrtswege. Zur Stabilisierung der Anlagen müssen oft 3.000 bis 4.000 Tonnen Beton mit Stahlbewehrung tief in den Boden gepumpt werden. Eine wahrlich gewaltige Bodenversiegelung. Künftig sollen weitere zehntausende von Bäumen diesen Anlagen geopfert werden – um den Wald vor dem Klimawandel zu retten.
Kauziger Sonderweg
Für eine relativ geringe und vor allem sehr unsichere Leistung ist das ein relativ hoher Natur- beziehungsweise Landschaftsverbrauch und eine relativ hohe Problemdichte. Dass sich das Narrativ Klimaschutz bei diesem Raubbau durchgesetzt hat, halte ich für den größten Erfolg der geschickten Windindustrie. Diese Gleichsetzung stimmt zwar nicht, aber sobald irgendwo Klimaschutz draufsteht, ruft eine durch politisch-medialen Dauerbeschuss hysterisierte Gesellschaft Hurra. Erschreckend selten wird darauf geachtet, was die Eingriffe für die Natur tatsächlich bedeuten. Für den Rest der Welt ist die deutsche Energiewende ein kauziger Sonderweg.
"Haschen nach Wind"
„Frankreich hat Glück, denn Frankreich hat Atomkraft“, freut sich Staatspräsident Emmanuel Macron und verkündet soeben ein 30 Milliarden-Investitionsprogramm für den Bau moderner, dezentraler Reaktoren. Der britische Premier Boris Johnson wird ein weiteres Kernkraftwerk im Süden der Insel errichten. Nicht ohne süffisanten Unterton bot Milos Zeman, Präsident der Tschechischen Republik, die ihren Atomanteil von einem Drittel auf die Hälfte ausbaut, seinem deutschen Amtskollegen Steinmeier Hilfe „zu einem vernünftigen Preis“ an, sollte es in Deutschland wegen der Energiewende einen „Mangel an Elektrizität“ geben. Das freilich kann durchaus vorkommen, denn Strom ist ein ganz besonderer Saft, der nicht wie Getreide oder Zement gelagert werden kann. Nur im Altertum war dies möglich, wo schon der weise König Salomon vom „Haschen nach Wind“ sprach. Der griechische Gott Äolus hatte auch das Speicherproblem gelöst: Er gab Odysseus einen ledernen Schlauch voll Wind mit für die Zeiten der Flaute… Aber Odysseus‘ Gefährten öffneten ihn vorzeitig, und so wurde das Schiff zurückgetrieben. Vielleicht bietet heute das Zurücktreiben zu physikalischen Erkenntnissen der Politik neue Perspektiven.
Au weja, da wird ja mit den Argumenten von vorgestern argumentiert. Nur ein Beispiel: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich inzwischen für die Rechenfehler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) beim Infraschall entschuldigt (https://www.br.de/radio/bayern2/streit-um-infraschall-rechenfehler-und-stimmungsmache-100.html). Damit ist Infraschall bei Windkraftanlagen kein Thema mehr.