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Gründer aus der Ag-Tech-Szene haben in Deutschland ein Standortproblem. Hinzu kommt hierzulande: die allgemeine Schlafmützigkeit in Sachen Digitalisierung.
In anderen Ländern wie in den USA, China, Israel oder selbst Frankreich fließen deutlich mehr Investorengelder in neue Technologien in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Der stationäre Handel ist in der Wertschöpfungskette Agrar so fest verwurzelt, dass es noch einmal zusätzliche Ausdauer erfordert, um eine digitale Prozessrevolution zum Erfolg zu führen.
Klar ist, abgesehen von diesen übergeordneten Faktoren, aber auch: Eine Plattform kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie ihren Nutzerinnen und Nutzern einen wirklichen Mehrwert beschert. Nur wer durch die Nutzung einer Plattform spür- und messbar Zeit und Geld spart, ist geneigt, komfortabel eingetretene Pfade zu verlassen. Landwirte, die eng getaktet sind zwischen Feld, Stall und Büro, sind verständlicherweise froh, wenn ihnen ihr Landhändler oder ihre Genossenschaft zuverlässig Rundum-sorglos-Pakete im Einkauf von Betriebsmitteln und dem Verkauf von Marktfrüchten schnürt. Ebenso verständlich ist, dass im Geschäft zwischen Landwirten und Händlern Vertrauen eine große Rolle spielt. Schließlich geht es nicht um Cent-Beträge. Können sich stationäre Händler also getrost auf ihrer Pole-Position im Markt ausruhen? Mitnichten. Denn ihre zunehmend Smartphone-affine, Paypal oder Amazon nutzende Kundschaft fordert auch von ihnen attraktive digitale Angebote. An der Stelle können Kooperationen von klassischem Agrarhandel und Start-ups Win-win-Situationen schaffen – frei nach dem Motto: Biete Logistik, Kapital und Kundenstamm, suche IT-Know-how und Mindset der Generationen Y und Z – oder umgekehrt. Von solchen Kooperationen würden in der besten aller Welten auch die Landwirtinnen und Landwirte durch gut durchdachte digitale Angebote mit einer soliden Transport-, Lager- und Beratungsinfrastruktur im Hintergrund profitieren.
Aber wie realistisch ist eine solche Prozessrevoultion? In der Ag-Tech-Szene hat sich eine Erkenntnis in den vergangenen fünf Jahren durchgesetzt: Die Zielsetzung „Kill the Middleman“, also den Händler als Bindeglied zwischen Landwirten und Industrie obsolet zu machen, ist unter den herrschenden Umständen naiv. Erfolgversprechender ist, den Weg in die digitale Zukunft gemeinsam mit dem „Middleman“ zu beschreiten. Für die Platzhirsche aus dem analogen Handel wäre es ebenfalls ein Gewinn, sich für eine solche Zusammenarbeit zu öffnen. Denn aus Kundensicht ist eine umfassende, digitale Plattform einem Nebeneinanderher von Insellösungen klar vorzuziehen.
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