
"Mal bist du der Hund, mal der Baum", sagt der Volksmund über das Leben im Allgemeinen. Und bei allem gebotenen Respekt: Gerade ist Bayer-Vorstandschef Werner Baumann der Baum.
Das Problem an der Sache ist, dass schicksalshafte Extreme nicht in sein Selbstbild passen. In seinen bisherigen Auftritten ist er um Ausgeglichenheit, um Ratio, um wohldurchdachte Argumente bemüht. Baumann wird nicht laut, poltert nicht gegen Umweltverbände und andere Kritiker. Baumann will weder der Baum noch der Hund sein. Baumann will das Beste für Bayer.
Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der ewige Stratege Baumann mit den derzeitigen Unbequemlichkeiten rund um seine Person gerechnet hat. Die in diesen Tagen über Baumann zusammenschlagende Welle des öffentlichen Diskurses hat sich von dem Tag an abgezeichnet, als der heute 56-Jährige seine Übernahme-Pläne von Monsanto öffentlich machte.
Die ersten Klippen umschiffte der Bayer-Steuermann mit ruhiger Hand: Er verlor nicht die Nerven, als Umweltverbände bei der Übernahme von einer "Hochzeit in der Hölle" sprachen. Er blieb cool, als die EU-Kartellwächter seinem Konzern auferlegten, das eigene Saatgutportfolio und die teuer entwickelte Digitalsparte der BASF zu überlassen. Auch die Kommunikation ins eigene Haus, dass damit 2.000 treue Bayer-Mitarbeiter an die Konkurrenz verschachert werden, hat Baumann unter dem Strich gemeistert.
Pflanzenschutz
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Auch hier bleibt Baumann cool – zumindest vordergründig. 660 Mio. € habe der Konzern für die Prozesse zurückgestellt. Mehr nicht. Erfahrungen hätten gezeigt, dass Schadensersatz-Prozesse in den USA, in denen astronomische Summen im Raum standen, letztendlich auf weltliche und vernünftige Beträge zurückfielen.
Schwingt da doch Unsicherheit mit, wie es in den USA weitergeht? Wie hoch ist der Umstand zu bewerten, dass Monsanto nun kein US-Konzern mehr ist, sondern den "Krauts" gehört? Die vermeintliche Beißhemmung, die Trumps Philosophie "America First" bei einer US-Geschworenenjury auslösen könnte, ist jedenfalls weg. Trotz akribischer Vorbereitung und sicherlich solider Strategie kann Bayer den Ausgang der Prozesse nicht voraussagen. Auch hierfür hat der Volksmund einen Kalenderspruch parat: "Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand."
CEO Baumann war vielfach vorgewarnt, insofern darf man ihm durchweg eine gehörige Portion an Überflieger-Narzissmus bescheinigen: Ehen werden im Himmel geschlossen und auf Erden gelebt, nicht selten geschieden. Das Duo Baumann / Wenning hat sich beim BaySanto Hochzeitsdeal schlichtweg ver-/überschätzt; nach dem opulenten Vereinigungsmahl durchdringt nun eine nicht überraschend schmerzhafte Katerstimmung selbige Manageretage. Ja, CEO Baumann hat sein Bäumchen gepflanzt, an dem sich nun - mit Verlaub - sehr viele Hunde berechtigt erleichtern, so dass es mit einem Wachsen und Gedeihen, der dringend notwendigen Überlebensstrategie, sehr eng werden könnte. Hoch gepokert, viel zu hoch vielleicht!?