Von der Sieben-Tage-Inzidenz hängt ab, ob gelockert werden kann oder verschärft werden muss. Welchen Sonderweg Tübingen plant und welche Chancen die Politik darin sieht.

Testen, testen, testen - seit November hält damit die Stadt Tübingen im Vergleich zum restlichen Deutschland die Corona-Inzidenz weit unten. Tübinges Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat sich mit der Notärztin Lisa Federle zusammentan und bereits vor Weihnachten großflächig Testungen durchgeführt. Nun soll dieses Modell verpflichtend ausgeweitet werden, um der Stadt eine schnellere Perspektive ermöglichen, die Gastronomie und den kulturellen Bereich hochzufahren. Ab Montag nehmen in der Stadt fünf und ab Dienstag sechs Teststationen ihren Betrieb auf. Dort könnten 1000 Tests pro Stunde vorgenommen werden. Ein negatives Ergebnis wird durch ein Zertifikat - das sogenannte Tübinger Tagesticket - belegt.
„Das Geschäft auf der Außenterrasse rechnet sich für mich erst, wenn es abends wärmer wird. Ich lasse daher noch geschlossen“
Stefan Herrmann, Domizil Hotel Tübingen


So kann in Tübingen noch vor dem 22. März die Außengastronomie öffnen - ab 16. März. Der aktuelle Inzidenzwert liegt dort bei 41,1 - niedrig im Vergleich zu Stuttgart mit 71,6  und Mannheim mit 109,1.  Allerdings bezieht sich das Test-Modell nicht auf die Hotellerie und das Angebot für touristische Übernachtungen - in Baden-Württemberg bleiben touristische Übernachtungen weiterhin verboten.

Dieses "Missverständnis" hat dem Tübinger Hotelier Stefan Herrmann schon viele Anfragen aus ganz Deutschland beschert. Er hat sein 4-Sterne-Hotel zwar geöffnet für Geschäftsreisende oder Gäste, die beispielsweise aus medizinischen Gründen in der Stadt sind. "Ich finde es sehr gut, dass die Stadt diesen Sonderweg geht", sagte er zur ahgz.

Der Privathotelier wartet jedoch noch damit, seine Außenterrasse zu öffnen. Das Geschäft rechne sich momentan noch nicht, solange es abends so kalt sei. Alles hochzufahren nur für die Mittagszeit - dafür sei der Aufwand zu groß, so Herrmann.

Von der nächsten Bund-Länder-Konferenz am 22. März erwartet er einen Fahrplan für die deutsche Hotellerie. Zusammen mit seiner Frau betreibt er das Hotel Domizil Tübingen in zweiter Generation und hat nach der Übernahme kräftig investiert. "Nachdem alles fertig war, kam die Krise", erzählt er. Er hofft, dass sich das 79 Zimmer-Hotel bald wieder füllen darf und seine 40 Mitarbeiter wieder ausgelastet sind. 

Tübingen ist die zweite Stadt, die nach Weimar aus der aktuellen Corona-Strategie ausschert. Zuletzt hatte die Bundesregierung wieder zwei Inzidenzwerte zum Maßstab aller Corona-Einschränkungen erklärt. 50 als Grenze für fortschreitende Lockerungen, 100 und mehr als Rückkehr zu einem Lockdown bzw. zu einem regionalen Lockdown für betroffene Regionen.

Gerade werden beispielsweise in Bayern mehreren Kreisen wieder Lockdown-Maßnahmen einleitet, ebenso in NRW. Hotels dürfen derzeit nicht für den Tourismus geöffnet haben, lediglich Geschäftsreisende können dort übernachten. Nicht nachvollziehbar für Hoteliers: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gilt die Hotellerie nicht als Pandemietreiber.



Dieser Text erschien zuerst auf www.ahgz.de.




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