Die Top Themen:EU-Ratspräsidentschaft auf den letzten Metern; Bauern versus LEH

az-Wochenstart: Was Wichtig Wird

Stefanie Pionke (39) ist weitere Chefredakteurin der agrarzeitung.
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Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre! Ihre Stefanie Pionke, Chefredakteurin der agrarzeitung (az). 
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Die Tage der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sind gezählt. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) ist dennoch stark gefordert mit dem letzten EU-Agrarrat unter ihrer Ägide, letzten Trilogverhandlungen und der Staffelstab-Übergabe an die portugiesische Amtskollegin. In Berlin tagt derweil die Zukunftskommission. Auch die Auseinandersetzungen zwischen Landwirten und Lebensmitteleinzelhandel dürften weiterlaufen.

Letzter EU-Agrarrat unter deutscher Ägide

Foto: Imago Images / Christian Ohde

In der Woche vor Weihnachten geht es für Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) Schlag auf Schlag: Am Dienstag und Mittwoch wollen sich die Agrarminister der EU-Mitgliedstaaten zu ihrem letzten Ratstreffen unter deutscher Präsidentschaft und in diesem Jahr treffen. Dabei geht es viel um Fischfangquoten, ein Politikum, das sogar die Brexit-Verhandlungen zur Quadratur des Kreises macht. Aber Klöckner will offenbar auf den letzten Meter ihrer Präsidentinnen-Ägide auch noch Pflöcke einschlagen. So hatte sie als Ziele für die Ratspräsidentschaft ausgelobt, den Weg zu bereiten für eine europaweit einheitliche Nährwertkennzeichnung.
Was im Vergleich zur EU-Agrarpolitik wie ein Spaziergang klingen mag, ist gar nicht so ohne. Denn beispielsweise aus Italien regt sich Widerstand gegen eine Nährwertkennzeichnung. Olivenöl, Parmesan, Mozzarella, Gorgonzola und dergleichen mehr mögen sich zwar weit über die italienischen Landesgrenzen hinweg großer Beliebtheit erfreuen. Doch bei einer Nährwertkennzeichnung würden diese eher fettigen und salzigen Produkte wohl bestenfalls mittelmäßig abschneiden. Unterstützt wird Italien in seiner Ablehnung von anderen südeuropäischen Mitgliedstaaten.
Das andere Projekt Klöckners, eine EU-weit einheitliche Tierwohlkennzeichnung, stößt dagegen auf weniger Widerstand. Die Mitgliedstaaten wollen auf ihrem Ratstreffen denn auch die EU-Kommission dazu auffordern, einen Vorschlag für ein einheitliches Tierwohllabel zu machen.
FROHE WEIHNACHTEN UND EINEN GUTEN RUTSCH

***Liebe Leserinnen und Leser des Wochenstart-Newsletters: In der Zeit dünner wirtschaftlicher und politischer Tagesordnungen zwischen Weihnachten und Neujahr legen wir eine Pause ein. Den nächsten Wochenstart-Newsletter lesen Sie wieder am 4. Januar. Ihnen und Ihren Lieben wünschen wir trotz und gerade in diesen herausfordernden Zeiten ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein gesundes und glückliches neues Jahr! ***


Am Donnerstag dann wird die Bundesagrarministerin ihre portugiesische Amtskollegin Maria do Céu Antunes treffen, um mit ihr die Übergabe der EU-Ratspräsidentschaft zu besprechen. Denn die Trilogverhandlungen über die GAP-Reform haben zwar unter deutscher Ratspräsidentschaft begonnen, werden aber von den Portugiesen fortgeführt werden. Denen es dann vielleicht sogar gelingen mag, die Reform endlich und mit einiger Verspätung in trockene Tücher zu bringen. A propos Trilogverhandlungen: Die stehen ebenfalls am Donnerstag noch einmal auf dem Terminplan der Bundesagrarministerin.

Zukunftskommission trifft Bauernproteste gegen LEH

Am Freitag der Vorwoche noch haben Vertreter der Landwirtschaft mit den Granden des deutschen Lebensmitteleinzelhandels (LEH) getagt. Am Montag geht es weiter mit der Zukunftskommission Landwirtschaft, die bekanntlich von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde, um die gesellschaftliche Akzeptanz für die Landwirtschaft zu steigern. Und ebenfalls am Montag wollen die Teilnehmer des LEH eine abgestimmte Pressemitteilung zu dem Krisentreffen der Vorwoche herausschicken. Zuvor hatte der Discounter Lidl sich als erster öffentlichkeitswirksam aus der Deckung gewagt, die Preise für einige Schweinefleischartikel in den Läden erhöht und bekanntgegeben, einen größeren Obulus an die Initiative Tierwohl zu entrichten.

Die Bewegung Land schafft Verbindung (LsV) hat übrigens einen Forderungskatalog an den LEH verfasst. Darin enthalten: Die Einrichtung einer Ombudsstelle zur Schlichtung der Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern Landwirt und LEH. Interessante Forderung. Aber: Die Fälle, in denen Landwirt und LEH direkt Vertragspartner sind, dürften rar gesät sein. Außerdem im Forderungskatalog enthalten: Eine bevorzugte Listung deutscher und regionaler Produkte und deren Kennzeichnung mit großem Logo. Manch einer mag sich fragen, wie viel Deutschtümelei dem sozialen Klima guttut und ob die Welt noch ein weiteres Label braucht.
 
Dann wollen die geharnischten Landwirte die Supermarktbetreiber dazu auffordern, Lebensmittel, deren Produktionsstandards nicht den deutschen Normen, Auflagen und gesellschaftlichen Wünschen entsprechen, „sofort“ auszulisten. Mal abgesehen von der schwierigen, rechtlichen Komponente bei einer „sofortigen“ Auslistung, dürfte das eine Forderung für die Galerie und ohne großen Realitätsanspruch sein. Außerdem fordern die Landwirte eine Erhöhung der Erzeugerpreise für alle deutschen landwirtschaftlichen Rohstoffe dauerhaft und um mindestens 30 Prozent. So nachvollziehbar dieser Wunsch sein mag: Er müsste sich in erster Linie an die Lebensmittelindustrie richten, die Rohstoffe verarbeitet, um dann die fertigen Produkte an den LEH verkaufen.

Also, ein schwieriges und weites Feld – und man darf gespannt sein, wie weit sich LsV und Co. mit ihrer Forderungsliste durchsetzen. Außerdem konkurrieren die Landwirte und ihre Proteste in der medialen Aufmerksamkeit mit dem kurz bevorstehenden harten Lockdown. In der Publikumspresse dürfte der Lockdown deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren. Aber dennoch: Das Leben geht weiter, die Zukunftskommission tagt weiter. Und das weitestgehend im Stillen, ohne die Ergebnisse der Zwischenetappen an die große Glocke zu hängen.



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