
Die Biokraftstoffindustrie kämpft um ihre Zukunft und sieht den Hebel bei Klimazielen in den bisher vom Emissionshandel ausgenommenen Bereichen, zu denen auch Verkehr und Landwirtschaft zählen. Eine von der Branche beauftragte Studie zeigt, wie Biosprit den Bund vor "Strafzahlungen" schützen kann.
Die Biokraftstoffindustrie will dem Bund Geld sparen. Biokraftstoffe würden den Bundeshaushalt bis 2030 von Mehrausgaben bis zu 10,2 Mrd. € verschonen, hat jetzt DIW Econ, das Beratungsunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), in einer Studie im Auftrag des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) errechnet. Dazu sollen Biokraftstoffe aus Altspeisefetten, Abfall- und Reststoffen 4,4 Mrd. € beitragen und Biodiesel und Bioethanol der sogenannten '1. Generation' aus Anbaubiomasse wie Raps oder Zuckerrüben 5,8 Mrd. €, teilte der VDB anlässlich der Vorstellung der Studie am Dienstag in Berlin mit.
Die Kostenersparnis von gut 10,2 Mrd. € ist allerdings Ergebnis einer Modellrechnung. Sie geht davon aus, dass Deutschland europarechtlich verbindliche Zusagen zur Minderung von Emissionen in den Bereichen verfehlen wird, die derzeit nicht unter den Handel mit CO2-Zertifikaten fallen. Dazu zählen unter anderem die Bereiche Verkehr, Gebäude- Land- und Abfallwirtschaft. Nach der europäischen „Effort Sharing Regulation“ (ESR), der Vorgabe zur „Lastenteilung“, muss Deutschland den Treibhausgasausstoß in diesen Bereichen von 2021 bis 2030 um 38 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 2005 senken. Wird diese Reduktion nicht erreicht, muss die Bundesregierung nach Darstellung der Studie Emissionsrechte bei anderen EU-Mitgliedstaaten kaufen, die ihre eigenen Verpflichtungen übererfüllen. Sollte Deutschland die Emissionen vor allem im Verkehrssektor nicht deutlich senken, sei abzusehen, dass die geforderten Emissionseinsparungen bis 2030 verfehlt werden, so der VDB. Dann sei mit Zukäufen von Verschmutzungsrechten in Höhe von bis zu 60 Mrd. € zu rechnen.
Bei einem als realistisch geltenden Anteil von etwa 7 Prozent am Kraftstoffmarkt im Jahr 2030 sparen Biokraftstoffe 102,7 Mio. t CO2 ein, sodass weniger Emissionsrechte von anderen EU-Mitgliedstaaten gekauft werden müssten, lautet ein Ergebnis der DIW-Econ-Studie. „Deutschland benötigt dringend eine nachhaltige Verkehrswende mit vielen Maßnahmen zur Emissionssenkung. Biokraftstoffe als ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende tragen nicht nur zur Verbesserung der Emissionsbilanz bei, sondern können auch die finanziellen Belastungen durch unterlassenen Klimaschutz im Verkehrssektor senken“, sagte die Studienleiterin Prof. Claudia Kemfert vom DIW.
Biodiesel aus Rapsöl oder Bioethanol aus Roggen und Zuckerrüben stellen heute den größten Teil der Biokraftstoffe im deutschen Markt, gefolgt von Biodiesel aus Altspeisefett. Sie werden zukünftig ergänzt durch fortschrittliche Biokraftstoffe aus Stroh, Resten von Maiskolben oder Restholz, die bisher noch nicht nennenswert im Markt vertreten sind. Sie müssen nach europäischen Vorgaben bis zum Jahr 2030 einen Anteil von mindestens 1,75 Prozent der im Verkehr eingesetzten Energie erreichen.
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