Hersteller, die in Deutschland Pflanzenschutzmittel zulassen wollen, brauchen einen langen Atem. Zurzeit stapeln sich nach Schätzungen der Syngenta Agro GmbH in den deutschen Behörden etwa 700 Anträge, die durchweg nicht fristgerecht bearbeitet werden können. Überwiegend handelt es sich um Altanträge, die sich in den vergangenen Jahren angesammelt haben. Dr. Günther Peters, der für Syngenta in Deutschland die Produktzulassung leitet, geht davon aus, dass den deutschen Landwirten Pflanzenschutzmittel zwei bis drei Jahre später zur Verfügung stehen als ihren europäischen Kollegen.
Patt-Situationen zwischen den Behörden
Peters machte heute bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main für die Verzögerungen strukturelle Defizite in der Zulassungsbearbeitung verantwortlich. Besonders kritisch sei der Konflikt zwischen dem Umweltbundesamt (UBA), das dem Umweltministerium untersteht, und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das dem Agrarministerium zugeordnet ist. Als jüngstes Beispiel für die Patt-Situation zwischen beiden Behörden nannte Peters die befristete Zulassung von 18 Pflanzenschutzmitteln, von denen einige eigentlich über mehrere Jahre hätten genehmigt werden können. Da jedoch zwischen BVL und UBA kein Einvernehmen über Auflagen zum Schutz der Biodiversität besteht, sind die 18 Mittel nur bis Jahresende zugelassen. Ein ähnliches Schicksal hatten bereits alle glyphosathaltigen Produkte erfahren, die im Dezember 2018 nur für ein Jahr zugelassen worden sind.
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Häufiger befristete Zulassungen
Solange mögliche Auflagen für die Biodiversität nicht einvernehmlich geregelt sind, werden Pflanzenschutzmittel nur befristet zugelassen. Landwirten und Händlern fehlt die Planungssicherheit.
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Glyphosat-Mittel weiter zugelassen
Für Herbizide, die Glyphosat enthalten, sind in Deutschland die Zulassungen um ein Jahr verlängert worden. Eine fristgerechte Neuzulassung ist aber nicht erfolgt.
Der Syngenta-Zulassungsfachmann geht davon aus, dass es in diesem Jahr für insgesamt etwa 60 Pflanzenschutzmittel solche befristeten Zulassungen geben könnte. Ab dem Jahr 2020 müssten dann, wenn diese Produkte weiterhin verfügbar sein sollen, bei der Ausbringung 10 Prozent Ausgleichsflächen bereitgestellt werden. So will es jedenfalls das UBA, und es ist zurzeit zwischen Agrar- und Umweltministerium keine Kompromisslinie in Sicht, wie solche Biodiversitätsauflagen weniger einschneidend gestaltet werden könnten. Peters äußerte in Frankfurt den Wunsch, dass sich hier das Julius-Kühn-Institut (JKI) mit seiner Expertise im Pflanzenbau stärker einbringt und mehr auch den Nutzen von Pflanzenschutzmaßnahmen kommuniziert.
Aussaat nur noch bei Windstille?
Neben den Biodiversitätsauflagen kündigt sich in der deutschen Zulassungspraxis weiteres Ungemach an. Beizmittel sollen nur noch dann genehmigt werden, wenn sie mit einer „Windauflage“ versehen werden. Verboten sollen nach Wunsch des Umweltministeriums künftig Aussaaten von gebeiztem Saatgut, wenn die Windgeschwindigkeiten 5 Meter/Sekunde überschreiten. Peters geht davon aus, dass dann in den windreichen Küstenregionen keine chemische Beizung mehr möglich sein würde.
Alles wiederholt sich. In den fünfziger Jahren sprach man vom Bauernlegen in der Zone. Was wir hier erleben, ist nichts anderes, nur mit anderen Mitteln.